Rolly Fischnaller: Vom „Rotzlöffel“ zum Snowboard-König

Roland Fischnaller, haben Sie schon realisiert, dass Sie sich ab sofort Gesamtweltcupsieger nennen dürfen?

Roland Fischnaller: „Ja. Jetzt, wo ich zu Hause bin, ist die Freude schon riesig. In Blue Mountain ( dort hat Fischnaller den Gesamtweltcupsieg klargemacht , Anm. d. Red.) war ich noch etwas angespannt, jetzt realisiere ich so langsam, dass ich es geschafft habe. Auch, weil meine Familie zu Hause sämtliche Zeitungsartikel gesammelt hat (lacht).“

In den letzten Stunden hat es mit Sicherheit viele Gratulationen gegeben. Waren auch einige darunter, die Sie besonders erfreut haben?

„Am meisten gefreut haben mich die Gratulationen meiner alten Landeskaderkollegen. Wir waren in der Jugendzeit von 15 bis 19 Jahren jeden Winter zusammen unterwegs. Jetzt bin nur mehr ich übrig geblieben, deshalb hat es mich schon gefreut, als sie mir geschrieben haben. Aber auch eine weitere Gratulation war besonders: Ivan Zaytsev ( italienische Volleyball-Größe, Anm. d. Red. ) hat mir eine nette Whats-App-Nachricht geschrieben. Er hat mit Red Bull den gleichen Sponsor wie ich, deshalb haben wir uns ein paar Mal getroffen und prompt gut verstanden. Es ist schon ein tolles Zeichen, dass ein solcher Star wie er einen kleinen Sport wie Snowboard verfolgt.“

Fischnallers Jubel war groß.

Hat es schon eine Party gegeben?

„Nein. Nur die Kinder haben mir eine Überraschungsfeier gemacht. Als ich zu Hause angekommen bin, haben sie mich mit Luftballonen, einem großen Pokal und einer Konfettibombe begrüßt (lacht).“

Vor 23 Jahren haben Sie Ihr Debüt im Weltcup gegeben, jetzt sind Sie erstmals Gesamtweltcupsieger. Wie hat sich Roland Fischnaller in all den Jahren als Sportler, aber auch als Mensch verändert?

„Ich habe mich schon brutal verändert. Am Anfang war ich noch ein grüner Rotzlöffel, der von einer Fete zur nächsten gefahren ist. In meinen Jugendjahren hatte ich aber auch keinen Mannschaftskollegen, der das alles richtig professionell vorgelebt hat. Ich habe im Sommer immer als Zimmermann gearbeitet und im Winter bin ich eben Snowboard gefahren.“

Der 39-Jährige ist im Snowboard-Olymp angekommen.

Wann ist die Wende gekommen?

„Anfang 20 bin ich zur Militärsportgruppe gekommen, von da an war Snowboarden meine Arbeit. Richtig professionell wurde es aber erst, als Erich Pramsohler unser Trainer geworden ist. Da war ich 30 Jahre alt und ich sagte mir: Jetzt ist genug gefetet, jetzt will ich Resultate bringen. In dieser Zeit ist die erste WM-Medaille gekommen und ich habe gemerkt: Das ist das, was ich wirklich will. Mittlerweile ist Parallel-Snowboarden bei uns ein richtiger Profisport geworden.“

In einer Karriere gibt es Höhen und Tiefen – insbesondere dann, wenn die Laufbahn so lange dauert. Sind Sie nie an den Punkt gekommen, an dem Sie gesagt haben: Ich will nicht mehr.

„Eigentlich nicht. Anfang 20 gab es einmal ein Jahr, in dem gar nichts gegangen ist. Da wollte ich mal alles hinschmeißen, dann hat mir meine Mutter aber ordentlich die Leviten gelesen. Ich habe weitergemacht, konnte schon im Jahr darauf ein paar Podestplätze einheimsen und durfte auch zu den Olympischen Spielen fahren.“

Die Faust geballt: Roland Fischnaller.

Sie haben mehrmals angesprochen, dass Sie bis zu den Olympischen Spielen 2022 weiterfahren möchten. Ist eine Medaille bei den Spielen Ihr letztes großes Ziel?

„Ich sage so: Wenn es geht, dann ist gut. Wenn nicht, dann ist das auch kein Drama. Mein großes Karriereziel habe ich mit dem Gewinn des Gesamtweltcups schon erreicht. Wenn du bei Olympia gewinnst, warst du an einem Tag der Beste, beim Gesamtweltcup bist du es 4 Monate lang. Das hat für mich den weitaus größeren Stellenwert. Selbiges gilt für die Weltmeisterschaft. Eine Medaille kann in einer Schublade verloren gehen, bei einer großen Kugel ist das unmöglich (lacht).“

Questions: Thomas Debelyak

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