Biathlon in der Schweiz ist wie eine Lampe aus den 70ern

Lesen des obenstehenden Titels dürfte sich der ein oder andere Leser fragen: Möbelstück? 70er? Da war doch was. Genau, es sind Zeilen aus dem diesjährigen Après-Ski-Hit „Wackelkontakt“ des bayrischen Liedermachers Oimara.

Es ist nicht so, dass Schlagerhits, untermauert mit schmetternden Techno-Beats, meinen persönlichen Musikgeschmack treffen. Dennoch war der Song die vergangenen 2 Wochen bei der Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm und dann bei den Biathlon-Titelkämpfen in Lenzerheide mein steter Wegbegleiter.

Von der Ski-WM zur Biathlon-WM Allerdings in unterschiedlicher Form: Beim Skifest brüllten bis zu 23.000 Kehlen die Liedzeilen im Zielstadion, Fans tanzten dazu auf der Medal Plaza, aus den Après-Ski-Lokalen donnerten die bekannten Klänge und selbst zu später Stunde begegnete ich auf den Straßen Hinterglemms noch Jugendlichen, die „Wackelkontakt“ mit einer Bluetooth-Box rauf und runterspielten.

Am Ende der Ski-WM zog es mich weiter in die Schweiz. Auch dort wurde der Gassenhauer immer wieder eingespielt, Stimmung erzeugte er aber selten. Wie denn auch, war die Biathlon-Arena doch nur an 3 von 9 Wettkampftagen richtig gut gefüllt. Eine Medal Plaza gab es nicht, die Fanmeile irgendwo auf einer Anhöhe zwischen Lenzerheide und dem Biathlonareal im WM-Örtchen Lantsch verdiente die Bezeichnung nicht. Das Biathlon-Event präsentierte sich mir eben immer wieder wie eine Lampe aus den 70ern. Und das – wie im Musiksong besungen – mit vielen Wackelkontakten.

Besonders rund um die Roland Arena haperte es immer wieder. Das musste ich am eigenen Leib erfahren. Medienparkplätze gab es keine. Am ersten Tag fuhr mich der Shuttlebus hohen Tempos geradewegs an der WM-Arena vorbei. Erst nach Hinweisen der Fahrgäste machte der Busfahrer im Nachbardorf kehrt. Er sagte, er hätte nicht gewusst, wo die Arena genau läge. Nun ja, kann ja passieren. Am Abend gab es aber ähnliche Probleme. Als ich meinen Arbeitsplatz im Dunkeln verließ, waren keine Shuttlebusse mehr da. Nach fast einstündiger Wartezeit bei tiefen Minusgraden stieg ich schließlich in einen Postbus.

Rund um die Roland Arena haperte es Doch am selben Tag lernte ich auch den Charme kennen, den eine Lampe aus den 70ern ausstrahlt. Ich machte nämlich Bekanntschaft mit einem hilfsbereiten Einwohner, der mir für die kommenden Tage eine Autoabstellmöglichkeit vor seiner Autowerkstatt anbot. Diese lag in unmittelbarer Nähe zum Biathlonstadion. Ich verdrängte die Gedanken zurück an die bis ins Detail perfekt organisierte Ski-WM und erfreute mich der Gastfreundschaft der Graubündner. Sie waren nicht Schuld daran, dass der Biathlonsport in der Schweiz noch den ein oder anderen Wackelkontakt hat.

In Lenzerheide wurde vor dieser WM erst ein Mal ein Weltcup ausgetragen. Das nächste Mal wird dies erst im Januar 2028 wieder der Fall sein. Und das, obwohl Lenzerheide, im Gegensatz zu den meisten anderen Weltcuporten, absolute Schneesicherheit hat. Der eidgenössische Biathlonsport steckt noch in den Kinderschuhen. In dem Land, in dem jedes noch so kleines Dörfchen einen Eisplatz hat, ein Volkstumssport wie Schwingen Tausende Zuschauer begeistert und ein Drittel der Schweizer Bevölkerung Ski fährt, hat dieser Randsport aber einen schweren Stand.

Hier ist Biathlon (noch) ein Randsport Das offenbart sich mir auch, während ich diese Zeilen in meinen Laptop tippe. Die wenigen Schweizer Berufskollegen neben mir blicken gerade gebannt auf die großen Bildschirme im Pressezentrum. Dort läuft die TV-Sendung Sportpanorama. Es geht nicht um Biathlon, das Interesse gebührt dem Studiogast, dem neuen Ski-Star Franjo von Allmen.

Ich schreibe mein letztes WM-Tagebuch zu Ende und werde mich dann aufmachen zurück zu meinem Auto. Zwar hatte ich es am Morgen nochmal mit den Öffis versucht, doch das wollte wieder nicht klappen. Als der Postbus aus Davos kommend an meiner Unterkunft anhielt war er bereits restlos überfüllt. Auf meine Bitte hin, mich doch noch einsteigen zu lassen, meinte der Busfahrer: „Bitte stressieren Sie mich nicht“. Ich selbst ließ mich auch nicht stressieren, stieg ins Auto, gewährte noch 3 verzweifelten Biathlonfans aus Regensburg eine Mitfahrgelegenheit und machte mich zum letzten Mal auf zur WM-Stätte. Als ich dort ankam lief wieder der Après-Ski-Hit „Wackelkontakt“. Ich musste schmunzeln.

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Biathlon in der Schweiz ist wie eine Lampe aus den 70ern

Was haben die Biathlon-Weltmeisterschaft und der zurzeit angesagteste Après-Ski-Hit gemein? Mit Sicherheit die vielen Wackelkontakte, aber auch den besonderen Charme. Doch damit längst nicht genug. Unser Reporter erlebte es am eigenen Leib.

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